01.09.2023 – Im Rahmen der ersten Sitzung der Schülerparlaments am Pleiser Wald haben die 32 Klassensprecher und Klassensprecherinnen unter anderem ihre Vertrauenslehrerin für das laufenden Schuljahr gewählt. Das – im Wortsinne – Vertrauen wurde der erfahrenen und langjährigen Sonderpädagogin Christine Schulz ausgesprochen. Im Interview umreißt sie ihr Konzept für dieses wichtige und sensible Amt:
Wie haben Sie sich gefühlt als klar wurde, dass die Kinder vom Pleiser Wald Sie als Vertrauenslehrerin gewählt haben?
Ich hätte, offen gestanden, nie damit gerechnet und war total überrascht. Aber ich freue mich sehr. Es ist für mich eine große Ehre, von den Kindern in ein so verantwortungsvolles Amt gewählt worden zu sein.
Was sind Ihre ersten Vorhaben im Amt der Vertrauenslehrerin?
Mein Plan ist es, eine regelmäßige Kindersprechstunde einzurichten. Natürlich bin ich darüber hinaus jederzeit und für alle ansprechbar, aber ich kann mir vorstellen, dass ein geplantes Gespräch an einem ruhigen Ort nochmals andere Bedürfnisse erfüllt, als die spontane Ansprache im Gewusel des Schulalltags.
Mit welchen Fragen können die Schüler*innen Sie ansprechen?
Selbstverständlich habe ich ein offenes Ohr für alle Themen, die die Kinder bewegen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es zum Beispiel um die Familie, die Freunde oder Lehrer und Lehrerinnen geht. Das Glück der Kinder, ebenso wie ihre Sorgen entspringen immer allen Lebensbereichen zugleich. Hier kann man nicht eines vom anderen abkoppeln.
Sie sind ausgebildete und sehr erfahrene Sonderpädagogin. Inwiefern hilft Ihnen diese Expertise in besonderem Maße bei der Ausübung des Amts als Vertrauenslehrerin?
Mein Knowhow als Sonderpädagogin, vor allem im Bereich der sozial-emotionalen Förderung, in dem ich über einen sehr großen Erfahrungsschatz verfüge, hilft mir enorm bei der Arbeit mit den Kindern. Ich habe gelernt, jedes Kind ganzheitlich zu sehen, ich bin in der Lage das Verhalten eines Kindes von seiner Person abzukoppeln und ich sehe mit einem Blick bereits, wenn etwas nicht stimmt. Alleine aus der Körperhaltung und der Mimik kann ich bereits erkennen, dass jemand Gesprächsbedarf hat.
Gibt es bestimmte Problemlösungsstrategien, mit denen Sie schon gute Erfahrungen in der Arbeit mit Grundschulkindern gemacht haben?
Ja, ich verfüge über ein breites Portfolio an pädagogischem und therapeutischem Handwerkszeug, wie zum Beispiel Gesprächsführungsstrategien oder Konfliktmanagement. Doch vorab wirkt immer zunächst eine gute Portion Humor. Ein Lächeln auf den Lippen reduziert sofort den Schrecken, die Wut oder die Angst bei allen Gesprächspartnern und sorgt für mehr Offenheit, die Sache ehrlich anzugehen.
Im Schulalltag entstehen ständig kleinere und größere Konflikte. Mit welchem Handwerkszeug für die Konfliktlösung machen Sie bei Grundschulkindern die beste Erfahrung?
Ich arbeite gerne nach dem sogenannten Bensberger Modell. Hierfür schaffe ich zunächst ein ruhiges Setting und bestehe dann auf absolut gewaltfreie Kommunikation. Jeder Gesprächspartner darf genau beschreiben, was er oder sie gesehen, gehört, gemacht oder empfunden hat. Die Zuhörenden lernen Geduld und gewinnen eine ganz neue Perspektive. Mein Ziel ist es, die Kinder dabei zu begleiten, selbst Lösungen für einen Konflikt zu finden, denn vorgegebene Lösungen sind nie nachhaltig.
Böse Zungen behaupten, dass die Notwendigkeit, einen Vertrauenslehrer zu haben, sehr viel über den Rest des Kollegiums aussagt. Wie würden Sie das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen generell an unserer Schule beurteilen?
So gesehen, bräuchten wir in unserer Schule das Amt der Vertrauenslehrerin nicht, denn am Pleiser Wald gibt es ein sehr großes Vertrauen zwischen Kindern und Erwachsenen. Unsere Kinder gehen allesamt angstfrei in andere Klassenräume, sprechen die Pausenaufsicht an oder übernehmen Botengänge zum Beispiel ins Sekretariat. Daran merkt man, dass hier alle Erwachsenen mit einem großen Herz für die Kinder ausgestattet sind.
Das besondere Amt der Vertrauenslehrerin gewinnt dort an Bedeutung, wo sehr persönliche Fragen ruhig und professionell angegangen werden müssen. Und das ist mein Anspruch an meine Arbeit.